Die Kirchen in Deutschland werden von einer Austrittswelle heimgesucht, die sie nicht erwartet hatten. Anlass ist die unbegründete Sorge, mit dem Abzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge würden Christen ein weiteres Mal von der Kirche zur Kasse gebeten. Dabei musste schon immer Kirchensteuer auf Kapitalerträge gezahlt werden. Da diese – insbesondere im Osten Deutschland zumeist – unterhalb der Freibetragsgrenze liegen, werden für viele auch in Zukunft hier keine Steuern anfallen.
Während in Deutschland eine unnötige Angst um Ersparnisse die Gemüter bewegt, die allerdings in der Folge die Kirchen vor Probleme stellt, sind Menschen in anderen Teilen unserer Welt in größter Not. Im Irak kämpfen Christen um das nackte Überleben. Dort ereignet sich in diesen Tagen ein Inferno, das so grauenvoll ist, das uns hierzulande der Atem stocken müsste.
Laut Medienberichten sind rund eine Million Menschen auf der Flucht vor der radikal-islamischen Terrorgruppe »Islamischer Staat« (IS). 200 000 Jesiden sind geflohen, etwa 20 000 konnten von Kurden in Sicherheit gebracht werden. 100 000 Christen wurden aus ihren Zufluchtsorten in der Ninive-Ebene vertrieben. IS hat im Nordirak ein Kalifat ausgerufen, in dem die Scharia, das islamische Religionsgesetz, brutal durchgesetzt werden soll. Was dort geschieht, führt uns auf fürchterliche Weise vor Augen, wozu ein islamistischer Extremismus fähig ist.
Es schreit gen Himmel! Was sollen wir tun? Humanitäre Hilfe leisten? Beten? Militärisch eingreifen? Die Bundesregierung hält sich an den Grundsatz, keine Waffen in Kriegs- und Kampfgebiete zu liefern.
Angesichts dieser Eskalation fällt es sehr schwer, an dem Glauben festzuhalten, dass eine Verständigung zwischen den politischen Kräften in der Lage ist, den Terror zu beenden.
Sabine Kuschel